Müll so weit das Auge reicht, giftige Dämpfe und über allem die sengende Sonne: So sieht die grausame Wirklichkeit für tausende Menschen aus, die auf der Mülldeponie Dandora in Nairobi arbeiten. Es handelt sich nicht um ein lokales Problem, sondern zeigt, dass unsere globale Gesellschaft die Plastik-Notlage nicht lösen kann. Nairobi gibt aber auch Grund zur Hoffnung.
Dandora liegt in Nairobi, der Hauptstadt Kenias. Sie ist eine der größten Mülldeponien in Afrika und die wichtigste Müllkippe der Stadt. Tausende Menschen arbeiten hier: Sie sammeln die wertvollsten Abfälle und versuchen, sie an Recyclingunternehmen zu verkaufen. Die Arbeitsbedingungen sind entsetzlich. Es gibt keine Altersgrenze, keine Arbeitssicherheit, keine erste Hilfe. Die Löhne sind unfassbar niedrig. Für viele ist es jedoch die einzige Möglichkeit, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Wichtigkeit von angemessenem Abfallmanagement wird auf der Mülldeponie Dandora deutlich – und auch, warum der Aufbau einer globalen Kreislaufwirtschaft entscheidend sein wird.
Vor einigen Monaten reiste Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender der Greiner AG, zusammen mit einer Gruppe von Kolleg*innen sowie österreichischen Journalist*innen nach Nairobi und Dandora. Mit einer Einwohnerzahl von über fünf Millionen Menschen spielt die ostafrikanische Stadt Nairobi eine zentrale Rolle im Kampf gegen die Plastikkrise. Auch ist hier der Hauptsitz des UN-Umweltprogramms, der Ausgangspunkt wichtiger Verhandlungen über die Plastikverschmutzung. Im März 2022 fand die UN-Umweltversammlung in Nairobi statt. Delegierte aus aller Welt suchten nach Wegen aus der Plastikkrise. Wir waren vor Ort, um uns über die Situation zu informieren und an den Gesprächen teilzunehmen.
Die UN-Verhandlungen stellen einen Hoffnungsschimmer in der Plastikkrise dar: Bei der fünften Sitzung der UN-Umweltversammlung (UNEA 5.2) mit dem Titel „Strengthening Actions for Nature to Achieve the Sustainable Development Goals“ (Stärkung von Umweltmaßnahmen, um die nachhaltigen Entwicklungsziele zu erreichen) kamen Vertreter*innen aus 193 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zusammen, um eine historische Resolution zur Beendigung der Plastikverschmutzung zu unterstützen. Einige Expert*innen sprechen von dem wichtigsten Umweltabkommen seit dem Übereinkommen von Paris. Was steckt dahinter?
„Nairobi ist ein Wahrzeichen im Kampf gegen die Plastikverschmutzung. Zum ersten Mal hat sich die internationale Gemeinschaft verpflichtet, gemeinsam gegen diese globale Krise vorzugehen!“
Kann das Abkommen von Nairobi wirklich die Welt verändern?
Die UN-Umweltversammlung beschloss 14 Resolutionen zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung. Ganz oben auf der Agenda steht ein ab 2024 rechtlich bindendes internationales Übereinkommen, das den gesamten Lebenszyklus von Plastik – von der Herstellung über die Entwicklung bis hin zur Entsorgung – umfasst. Die Versammlung einigte sich auf die Einrichtung eines zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses (Intergovernmental Negotiating Committee, INC), um dieses rechtsverbindliche Übereinkommen aufzusetzen. Es gilt als das wichtigste Umweltabkommen seit dem Übereinkommen von Paris. Allerdings muss nun Schnelligkeit an den Tag gelegt werden, da die Zeit für die Erstellung des Entwurfs sehr knapp ist. Während die meisten globalen Übereinkommen einen Verhandlungszeitraum von fünf bis zehn Jahren aufweisen, soll dieses in zwei Jahren rechtsverbindlich sein – und derzeit ist noch nicht klar, was es umfassen wird.
Die Forderung von Unternehmen nach einem globalen Übereinkommen gegen Plastikverschmutzung könnte hier eine Perspektive bieten. Auch Greiner hat an diesem Aufruf teilgenommen, der von zahlreichen Global Players unterzeichnet wurde. Die UN-Delegierten müssen unterdessen eine Menge Einzelheiten für das Vertragswerk klären, beispielsweise die genaue Definition von „Plastik“. Dennoch führt das Übereinkommen die Welt auf den richtigen Weg, um die Plastikverschmutzung auf internationaler Ebene anzugehen. Einen Überblick über die nächsten Schritte finden Sie hier.
Was wissen Sie über die Auswirkungen synthetischer Chemikalien auf unseren Planeten?
Zum ersten Mal hat ein internationales Forscherteam die globalen Auswirkungen synthetischer Chemikalien auf die Umwelt untersucht. Das Ergebnis ist dramatisch: Die Menschheit hat eine weitere planetare Grenze überschritten. Diese Grenze bezieht sich auf chemische Schadstoffe, einschließlich Plastik. Die Autoren dieser Wissenschaftszeitschrift rufen zu Maßnahmen auf und fordern eine Verringerung der Produktion und Freisetzung von Schadstoffen. Daher ist ein weiteres bahnbrechendes Ergebnis von UNEA 5.2 so wichtig: ein Resolutionsentwurf über die Einrichtung einer Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik, um Maßnahmen gegen Chemikalien, Müll und Umweltverschmutzung zu unterstützen. Ähnlich wie das renommierte IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change – Zwischenstaatliches Expertengremium für Klimaänderungen) könnte dieses Gremium eine wichtige Rolle im Kampf gegen chemische Umweltverschmutzung übernehmen.
Am Rand der Konferenz traf Greiner-Talks-Moderator Alexander Berth die Präsidentin und Regionaldirektorin Afrika des World Resources Institute (WRI), Wanjira Mathai, um über die globale Ungleichheit und die größten Herausforderungen der Klimakrise zu sprechen. Hören Sie rein!
Während der UNEA 5.2 in Nairobi traf sich Greiner auch mit Fridays For Future Kenya, Müllsammlern und Aktivisten aus ganz Kenia, um die eine Frage zu besprechen: Was ist der Weg aus der Plastikkrise? Durch die offenen und leidenschaftlichen Gespräche konnten wir ein besseres Verständnis für die jeweiligen Herausforderungen entwickeln. Und besonders eine Lektion haben wir dabei gelernt: Ohne Kommunikation, Austausch und Zusammenarbeit werden wir die globale Plastikkrise nicht lösen können. Neugierig geworden? Dann hören Sie sich unseren Podcast an.
Winnie Cheche ist eine Nachhaltigkeitsbloggerin, die an dem Austausch zwischen Greiner und Aktivisten in Nairobi teilgenommen hat. Erfahren Sie mehr über Klimaaktivismus und Plastikverschmutzung in unserer Podcast-Folge „People, planet, profit“. Sehen Sie sich auch dieses kurze Video mit Winnie Cheche an.
„Ohne eine Kreislaufwirtschaft ist eine klimafreundliche Zukunft nicht möglich. Zusammenarbeit auf allen Ebenen ist erforderlich. Die Vereinten Nationen haben beschlossen, bis 2024 ein internationales Übereinkommen gegen Plastikverschmutzung auszuhandeln – dies könnte langfristig ein entscheidender Schritt sein.“
Was ist seit der Beschlussfassung passiert?
Nach der historischen Entscheidung, ein Übereinkommen gegen Plastikverschmutzung zu verfassen, fand vom 30. Mai bis 1. Juni 2022 eine Zusammenkunft von Delegierten in Dakar, Senegal, statt. Ziel der Konferenz war die Vorbereitung des zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses (INC). Die Arbeitsgruppe besprach den Zeitplan, führte Gespräche mit mehreren Interessengruppen und begann mit der Organisation der anstehenden Arbeit. Hoffentlich werden die auf der UNEA verhandelten Maßnahmen bald zu einer Lösung der Plastikkrise und solcher Katastrophen wie Dandora beitragen.
Wie lauten die nächsten Schritte?
Vom 29. August bis 2. September 2022 wird die vierte IP-Konferenz (Intersessional Process Meeting, (IP4) in Bukarest, Rumänien, abgehalten. Ziel ist die Prüfung des strategischen Ansatzes und des ordnungsgemäßen Umgangs mit Chemikalien und Abfall (Strategic Approach and Sound Management of Chemicals and Waste, SAICM). Im November 2022 wird die erste Zusammenkunft des zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses (Intergovernmental Negotiating Committee, INC-1) in Uruguay stattfinden, um mit der Entwicklung eines internationalen rechtlich bindenden Instruments gegen Plastikverschmutzung zu beginnen.
„Nur wenn wir wirklich global zusammenarbeiten, kann die Plastikkrise gelöst werden. Wir müssen unsere eurozentrische Weltanschauung hinter uns lassen und Verantwortung für unser Tun übernehmen. Wir müssen unsere Denkweise verändern: Wir wissen, dass die Plastikkrise ein globales Problem ist, aber wir dürfen nicht vergessen, dass verschiedene gesellschaftliche Gruppen und Länder in vollkommen unterschiedlichem Ausmaß davon betroffen sind.“
Wir bei Greiner sind davon überzeugt, dass Kunststoff- und Schaumstofflösungen eine wichtige Rolle in unserem Leben und unserer globalisierten Wirtschaft spielen. Wir sind uns jedoch auch der Kehrseite der Medaille bewusst: Verpackungsmaterial macht den größten Anteil an Plastikmüll aus! Daher ist es so wichtig, eine Antwort auf die Frage zu finden, wie Plastik in Zukunft hergestellt, genutzt, wiederverwendet und entsorgt werden soll. Die Resolutionen der UNEA 5.2 sind ein Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen eine globale Lösung für ein globales Problem. Gleichwohl ist klar, dass wir nicht auf ein rechtsverbindliches Übereinkommen warten müssen. Ausschlaggebend ist, dass alle Interessengruppen sofort ihre Bemühungen verstärken. Jetzt ist die Zeit zu handeln!
Was sind Ihre Gedanken und Ideen zur Plastikkrise und zur UNEA 5.2? Wir freuen uns, von Ihnen zu hören!
Wie kann die Plastikverschmutzung aufgehalten werden? Erfahren Sie mehr in unserer Podcast-Folge mit Jacob Duer, CEO der Alliance to End Plastic Waste.
Wussten Sie, dass Greiner 2020 der Alliance to End Plastic Waste beigetreten ist? Dies war ein wichtiger Schritt für unser Unternehmen, um Teil eines gemeinsamen proaktiven Ansatzes gegen das Plastikmüllproblem zu werden.